Das war die Abschlussmesse von zirkulierBAR
Im Rahmen der zirkulierBAR Abschlussveranstaltung hat das Konsortium die Projektergebnisse in einer interaktiven Messe für die Besuchenden aufbereitet. Ausgewählte Inhalte finden Sie auch hier in digitaler Form.
Interaktive Projektmesse
Projektübersicht – Das war zirkulierBAR
In ihrem Vortrag auf der Abschlussveranstaltung hat Ariane Krause noch einmal einen Gesamtüberblick über das Projekt „zirkulierBAR“ gegeben. Neben der Projektstruktur mit den verschiedenen Teilvorhaben wurde das Konsortium näher vorgestellt und einige Ergebnisse hervorgehoben. Der Vortrag hat das Publikum auf die anschließende interaktive Projektmesse eingestimmt, während der sie sich mit den anwesenden Konsortialpartner:innen über die jeweiligen Arbeitspakete austauschen konnten.
Die Auftaktpräsentation fand im großen Kinosaal statt – inklusive Popcorn!
Im letzten zirkulierBAR Kolloquium wurde die Abschlusspräsentation noch einmal online wiederholt und aufgenommen.
„Artist in Residency“
Sina Kamala Kaufmann war als Schriftstellerin über vier Monate „Artist in Residency“ im Projekt zirkulierBAR. Im Fokus stand hier vor allem die Frage: Wie können wir uns anders und gemeinsam um unsere dunkle Materie kümmern?
Ein Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen Praktiker:innen, Wissenschaftler:innen und der Künstlerin ist die nahphantastische Erzählung „Die zweite Chance“, die sich der Frage nach unseren Hinterlassenschaften in der Zukunft widmet.
Auf der Abschlussveranstaltung stellte Sina Kamala Kaufmann neben ihrer Kurzgeschichte eine Poster-Reihe über ihre Zeit im Projekt aus.
- eCOLI mit Texten
- eCOLI, my Friend
- microbiom+funghi_rhizom
- microbiom+gut_cell
- Molecular Landscapes Escherichia coli Bacterium, 2021
Der Akzeptanzdialog
Wie steht es um die gesellschaftliche Akzeptanz von Trockentrenntoiletten und welche Faktoren spielen hier eine Rolle? Hierzu hat das zirkulierBAR-Team beim Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI) eine repräsentative Umfrage erstellt und die Ergebnisse auf der Abschlussveranstaltung in einem interaktiven Ausstellungsformat vorgestellt.
Das CeRRI hat zudem Erfolgsfaktoren von Innovationsnetzwerken erarbeitet und in einen interaktiven Leitfaden für den Aufbau kommunaler Netzwerke gegossen.
Über die Ergebnisse vom Akzeptanzdialog und die Erfolgsfaktoren von Innovationsökosystemen konnten die Besuchenden der zirkulierBAR Abschlussveranstaltung mit Felix Bickert und Lena Kleist im Foyer ins Gespräch kommen.
Das Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI) des Fraunhofer IAO mit Sitz in Berlin, entwickelt neue Herangehensweisen und Methoden, um Forschung und Innovation an gesellschaftlichen Anforderungen und Bedarfen auszurichten. Ziel ist die Entwicklung gesellschaftlich akzeptierter Technologien, Produkte und Geschäftsmodelle. Unter dem Motto „Zukunft gestalten“ verantwortet das CeRRI im Projekt zirkulierBAR den Akzeptanzdialog mit Bürger:innen der Region Barnim und die Weiterentwicklung des regionalen Innovationsökosystems. Das interdisziplinäre Team vereint Kompetenz aus den Sozialwissenschaften und dem Design.
Kommunen auf dem Weg in die Sanitär- und Nährstoffwende
Die Kontaktstelle und das daraus entstandene Netzwerk für (nicht nur) beobachtende Kommunen aus über 20 engagierten Mitgliedern aus ganz Deutschland steht für erfolgreiche interkommunale Zusammenarbeit. Während der Projektlaufzeit haben sich acht Netzwerkmitglieder aktiv auf den Weg in die Sanitär- und Nährstoffwende gemacht und öffentliche Trockentrenntoiletten aufgestellt, deren Inhalte in Eberswalde zu wertvollen Recyclingdüngern verarbeitet werden. Berlin geht hhier mit gutem Beispiel voran: 24 kostenlose Trockentrenntoiletten stehen zur Verfügung und werden von den Berliner*innen gut angenommen, wie eine Pilot-Umfrage ergeben hat.
Auch Leipzig setzt auf ressourcenorientierte Sanitär-Versorgung: Nach einer Pilotphase wurde ein Konzept erstellt, das 10 semi-stationäre Trockentrenntoiletten bis 2026 vorsieht. Zudem soll mit dem Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen soll eine eigene Entsorgungslogistik entwickelt werden.
Ein weiterer Meilenstein wurde in Köln erreicht: Hier steht seit Anfang 2024 ein Hygienisierungscontainer, der den ersten Schritt zur Verwertung von Fäzes ermöglicht.
Warum sich Kommunen für ressourcenorientierte Sanitärsysteme interessieren und wie ein kommunaler Fahrplan in die Sanitär- und Nährstoffwende aussehen kann, hat die Kontaktstelle für beobachtende Kommunen herausgearbeitet.
Auf dem Weg zur Sanitär- und Nährstoffwende durchlaufen Kommunen 5 Entwicklungsstufen:
- Interesse wird geweckt: Erstkontakt mit dem Thema und wichtige Informationen einholen
- Erste Trockentoiletten aufstellen: Trockentoiletten im öffentlichen Raum etablieren
- Inhalte verwerten: Gesammelte Fäzes und Urin nachhaltig aufbereiten
- Eigene Recyclinganlage etablieren: Regionales Nährstoffrecycling ermöglichen
- Recyclingdünger ausbringen: Nährstoffe zurück in die Landwirtschaft und Gartenbau führen
Die Erfahrungen aus der Netzwerkarbeit und den Stand der Mitglieder-Kommunen haben Anna Calmet und Annika Grebener auf der Abschlussveranstaltung im Kino-Foyer anschaulich erläutert.
Die Recyclinganlage – Stoffströme und der Kompostierprozess
Stoffströme
Bei der Entscheidung von Kommunen, öffentliche Trenntoiletten aufzustellen, spielen mögliche Einsparpotenziale eine wichtige Rolle. Der in zirkulierBAR entstandene Recycling-Rechner ist ein Tool, das Kommunen bei dieser Entscheidung unterstützen soll.
Die Kommune muss lediglich abschätzen, wie häufig die Toiletten genutzt werden und erhalten Informationen über die erwartbare Menge an Trockentoiletteninhalten, die benötigten Mengen an Zuschlagstoffen für die Kompostierung und Urinaufbereitung, den Output an fertigem Kompost und Flüssigdünger, die Menge an recycelten Makronährstoffen Phosphor (P) und Stickstoff (N) sowie
die Wassereinsparung durch den Verzicht auf Spültoiletten.
Die Grundlage für dieses praktische Tool waren Stoffstrom-Analysen. Diese wurden für alle Teile der Forschungsanlage erstellt und spielten eine wichtige Rolle im Genehmigungsprozess und einer möglichen Skalierung. Die Stoffstrom-Analysen machen es möglich, abzuschätzen, wie viel Recyclingdünger auf der Forschungsanlage produziert werden kann und wie viel konventionelle Düngemittel damit ersetzt werden können.
Der Recyclingrechner und die Stoffstromanalysen wurden auf der Abschlussveranstaltung in einer gemütlichen Sitzecke zwischen Foyer und Kinosaal ausgestellt.
Der Kompostierprozess
Was genau braucht es, um aus Scheiße Gold zu machen? Wie lautet das Geheimrezept*? Dr. Claudia Kirsten und Jana Mühlenberg vom Deutschen Biomasseforschungszentrum haben gemeinsam mit Elsa Jung von der Technischen Universität Berlin für die Besuchenden die Vorgänge auf der Recyclinganlage verständlich aufbereitet. Die einzelnen Schritte der „kontrolliert sauerstoffversorgten“ oder auch „thermophilen“ Kompostierung, die den Recyclingdünger aus Inhalten von Trockentoiletten ausmacht, können auf dem übersichtlichen Poster nachvollzogen werden. Die Zusammensetzung (das „Geheimrezept*“) wurde mittels Klemmbausteinen greifbar gemacht.
*das Geheimrezept
- 35% Ast- und Strauchschnitt
- 10% Grünschnitt
- 10% Tonerde
- 5% fertiger Kompost
- 5% Siebrest
- 35% Trockentoiletteninhalte (Fäkalien, Einstreu, ggf. fehlgeworfenes Toilettenpapier und Stroh)
- ggf. Pflanzenkohle
Dieser Teil der Ausstellung fand im großen Kinosaal statt.
Die TU Berlin ist eine traditionsreiche und weltweit anerkannte Berliner Forschungsuniversität und will Wissenschaft und Technik zum Nutzen der Gesellschaft weiterentwickeln. Die Mitglieder der Universität sind dem Prinzip der nachhaltigen Entwicklung verpflichtet, das den Erfordernissen der Gegenwart gerecht wird und zugleich nicht zu Lasten zukünftiger Generationen geht. Die TU ist in zirkulierBAR mit den beiden Fachgebieten „Kreislaufwirtschaft und Recyclingtechnologie“ und „Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik“ beteiligt.
Das DBFZ betreibt anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung im Bereich der energetischen und integrierten stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe in der Bioökonomie. Der Schwerpunkt liegt auf der besonderen Berücksichtigung innovativer Techniken sowie der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Umweltbelange. Im Rahmen vom zirkulierBAR überarbeitet das DBFZ systematische einen bestehenden Produktstandard, die DINSPEC91421:2020. Darin sind die Qualitätsanforderungen an Recyclingdünger aus Inhalten aus Trockentoiletten festgelegt. Zudem ist das Team daran beteiligt, die DIN SPEC zu diskutieren, anzupassen, und abschließend zu prüfen und bringt sich auch ein mit Empfehlungen zur Anpassung abfallrechtlicher Regelungen.
Ökobilanz von Trocken-Trenntoiletten
Trenn- & Kreislaufsysteme werden zunehmend in Ökobilanzen (Life-Cycle Assessment, LCA) berücksichtigt. In einer Meta-Analyse wurden die Ergebnisse ausgewählter Ökobilanzen anhand von sechs verschiedenen Umweltwirkungskategorien verglichen. Die internationale Literaturrecherche zeigt, dass Sanitärsysteme mit Stoffstromtrennung an der Quelle (in der Toilette) deutliche ökologische Vorteile bieten! Stoffstromtrennende Sanitärsysteme tragen maßgeblich zur Reduzierung von Umweltbelastungen bei und fördern eine nachhaltige Nutzung unserer Ressourcen! Gero Scheck hat seine Meta-Analyse auf einem Poster übersichtlich aufbereitet und auf der Abschlussveranstaltung im langen Gang zwischen den Kinosälen ausgestellt. In aller Kürze: Trenntoiletten haben relevante Umweltwirkungen!
- Erderwärmungspotenzial: bis zu -50%
- Eutrophierungspotenzial: -85%
- Ökotoxizität: bis zu -90%
Recyclingdünger in der Anwendung
Eine zentrale Forschungsfrage von zirkulierBAR war, wie sich der Recyclingdünger aus Inhalten von Trockentoiletten in der Anwendung verhält: Welche Wirkung, positiv wie negativ, hat der Dünger auf Boden und Pflanze?
Um diese Frage zu beantworten, wurden in den drei Projektjahren etliche Versuche angestellt, vom Labor über das Gewächshaus bis hin zu groß angelegten Feldversuchen im Freiland auf dem Acker. Beim Vergleich der Ernteerträge konnten wir feststellen, dass die Wirkung der Kombination beider Recyclingdünger vergleichbar ist mit der von herkömmlichen Düngemitteln. Die Suche nach Krankheitserregern ergab, dass von den Recyclingdüngern kein gesundheitliches Risiko ausgeht.
Wir konnten also feststellen: Recyclingdünger aus Inhalten von Trockentoiletten sind wirksam und sicher!
Auf der Abschlussveranstaltung hat Roland Hoffmann-Bahnsen von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde die Anwendungsversuche und die Ergebnisse der Untersuchungen zur Unbedenklichkeit den Besuchenden anschaulich erklärt.
Akzeptanz der Praktiker*innen
Ein wichtiger Faktor bei der Umsetzung neuer (oder alter) Ideen ist die Akzeptanz bei denen, die die Veränderung in die Praxis bringen. Im Forschungsprojekt zirkulierBAR hat sich das Fachgebiet Nachhaltige Wirtschaft der Hochschule für nachhaltige Entwicklung mit der Frage beschäftigt, wie die Praktiker*innen im Ökolandbau über die Verwendung von Recyclingdüngern denken.
Hierzu haben sie eine qualitative Interviewstudie mit fünf Anbauverbänden durchgeführt. Die Anbauflächen der Landwirt*innen, die von diesen Verbänden vertreten werden, machen etwa die Hälfte der ökologisch bewirtschafteten Flächen in Deutschland aus.
Ein klares Ergebnis der Akzeptanzerhebung ist, dass es bei den Öko-Verbänden eine hohe Bereitschaft zum Einsatz der Recyclingdünger gibt, nicht zuletzt weil sie der Kreislaufwirtschaft eine hohe Priorität beimessen.
Auch ist bereits Wissen über und ein Bewusstsein für den Wert unserer Ausscheidungen vorhanden.
Wir haben zwei große Löcher, in denen Nährstoffe verschwinden. Das ist zum einen eben in der Toilette und das andere (…) im Biomüll.“
(Naturland im Interview)
Die spannenden Ergebnisse der Akzeptanzerhebung der Praxis hat Katja Searles auf einem Poster verständlich aufbereitet und auf der Abschlussveranstaltung im langen Gang zwischen den Kinosälen ausgestellt.
Die HNEE wurde 1830 zunächst als Höhere Forstlehranstalt in Eberswalde (Brandenburg) gegründet und besteht in der jetzigen Form seit 1992. Das Angebot an Studiengängen und -inhalten ist seit 1992 konsequent auf nachhaltige Entwicklung, Umwelt und Naturschutz ausgerichtet. Seit der Wiedergründung als Fachhochschule Eberswalde ist sie mit dem „grünen“ Lehrprofil in Deutschland führend. Die beiden am Projekt beteiligten Fachbereiche, „Nachhaltige Wirtschaft“ sowie „Landschaftsnutzung und Naturschutz“, haben sich in der Vergangenheit intensiv mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Perspektive der nachhaltigen Transformation befasst.
Das Humusregal
Eine technische Innovation, die im Rahmen von zirkulierBAR gemeinsam mit dem Praxispartner Finizio – Future Sanitation von der Idee in die Umsetzung gebracht wurde ist das teilautomatisierte Humusregal. Hier wird Technik aus dem Braunkohle-Tagebau und der Lager-Logistik kombiniert, um die Recyclingdünger-Produktion skalierbar zu machen.
Greifer und Wendemaschine können leise an Schienen entlangfahren und schwere, dieselbetriebene Fahrzeuge ersetzen, die bei einer herkömmlichen Kompostierung in der Fläche benötigt werden.
Eine Etage des stapelbaren Humusregals könnte ein Quartier mit etwa 300 Personen abdecken.
Auf der Bühne im Kinosaal konnten die Besuchenden einen Eindruck von dieser technischen Innovation gewinnen.
Die Urinaufbereitungsanlage
In unserem Urin stecken jede Menge wertvoller Nährstoffe, die, aufbereitet zu Recyclingdünger, gesundes Pflanzenwachstum fördern können. Doch wie genau funktioniert das? Welche Behandlungsschritte passieren auf der Verwertungsanlage?
Im Rahmen von zirkulierBAR wurde die bewährte Aufbereitungstechnik der Schweizer Firma VunaNexus erstmals in einem Container erprobt. Der getrennt gesammelte Urin wird in Großraumcontainern auf der Anlage gelagert und chargenweise in den Aufbereitungscontainer gepumpt. Dort wird der Urin nach dem VunaNexus-Verfahren zunächst mittels Nitrifikation stabilisiert. Hierbei wandeln Mikroorganismen den im Urin enthaltenen Stickstoff in eine Form um, die nicht mehr in die Luft entweicht. So werden unangenehme Gerüche und Nährstoffverluste über die Luft vermieden. Im zweiten Schritt wird der stabilisierte Urin durch Aktivkohle filtriert. Bei diesem Prozess werden organische Schadstoffe wie Hormone und Arzneimittelrückstände herausgefiltert.
Im Rahmen des europäischen Projekts P2GreeN wurde die Anlage noch durch einen Verdampfer ergänzt. Durch die Destillation im Verdampfer werden potenzielle Krankheitserreger abgetötet und der Recyclingdünger aufkonzentriert.
Die Aufbereitung von Urin zu flüssigem Mehrnährstoff-Recyclingdünger wurde im großen Kinosaal von Carsten Beneker anschaulich erklärt.
zirkulierBARs Dialog-Formate
Der Transfer, also die Weitergabe von Wissen aus der Forschung heraus in andere Bereiche der Gesellschaft, hat bei zirkulierBAR von Beginn an eine wichtige Rolle gespielt. In den drei Jahren wurden viele verschiedene Formate zur Wissenschaftskommunikation geschaffen und auf vielen verschiedenen Veranstaltungen zum Einsatz gebracht. Viele der Formate sind hier auf der Website dokumentiert, in unseren Veranstaltungs-Berichten oder bei unseren Infomaterialien.
Auf der Abschlussveranstaltung konnten im Eingangsbereich unsere vielfältigen Dialog-Formate und die Highlights unserer Öffentlichkeitsarbeit auf drei farbenfrohen Postern begutachtet werden.