
FAQ
Auf dieser Seite haben wir die Antworten auf die häufigsten Fragen über unser Projekt für Sie gesammelt. Sie finden weiter unten auch alle Antworten gebündelt als PDF zum Herunterladen.
Sie haben eine Presseanfrage? Dann schreiben Sie uns unter presse@zirkulierbar.de
Wer sind wir und was machen wir?
zirkulierBAR ist ein Forschungsprojekt getragen von elf Konsortiums-Partner:innen, das 2021 eine dreijährige Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in Höhe von 2,4 Mio. Euro erhalten hat. Wir veredeln Inhalte aus Trockentoiletten zu qualitätsgesicherten Recyclingdüngern und setzen uns für die Anpassung von Verordnungen ein, um so den Kreislauf von Nährstoffen wie z.B. Phosphor (P) zu schließen. Unser Fokus liegt darauf Kommunen zu belegen, dass eine Bioabfall-basierte Entsorgung vor allem in strukturschwachen Gebieten eine kosten- und ressourcensparende Alternative bietet. Das ermöglicht mittelfristig auch zunehmend eine lineare Entsorgung über das Abwasser durch ein Bioabfall-Kreislaufmodell zu ersetzen. Dazu werden u.a. die interkommunale Kooperationsbereitschaft sowie Akzeptanzbedingungen bei unterschiedlichen Stakeholder Gruppen untersucht.
Die zehn teilnehmenden Institutionen sind:
- Das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) e.V. (Koordination)
- Die Kreisstadt Eberswalde
- Der Landkreis Barnim
- Die Kreiswerke Barnim GmbH
- Die Finizio – Future Sanitation GmbH
- Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung (HNE) Eberswalde
- Die Technische Universität (TU) Berlin
- Das DBFZ Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH
- Das Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI) des Fraunhofer-Institutes für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO)
- Das izt – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung
Welche Ziele hat zirkulierBAR?
Unsere Vision ist Nährstoffe aus verzehrten Nahrungsmitteln zurückzugewinnen und im Sinne einer nachhaltigen regionalen Kreislaufwirtschaft wieder der Landwirtschaft zuzuführen. Um die Tauglichkeit von Recyclingdünger für den Einsatz in der Landwirtschaft zu belegen sind drei Forschungsschwerpunkte hervorzuheben.
1. Die hygienische und Reinheitsqualität der Recyclingdünger im Vergleich zu herkömmlichen organischen und synthetischen Düngern zu belegen.
2. Das notwendige technische Aufbereitungssystem für die Düngerherstellung inklusive Logistik zu entwickeln, die Qualitätssicherung des Recyclingdüngers zu standardisieren, und die wirtschaftlichen Vorteile zu errechnen und zu bewerten. Die Ergebnisse sollen als technische und organisatorische Blaupausen frei zugänglich anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden.
3. Die rechtliche und kulturelle Akzeptanz für den Einsatz von Recyclingdüngern zu analysieren und zu fördern, sowie Handlungsempfehlungen für Politik und Kommunen zu erarbeiten.
Mit unserer Forschung wollen wir die Anerkennung von Recyclingdüngern aus Inhalten von Trockentoiletten erreichen, damit sie in Landwirtschaft und Gartenbau genutzt werden können.
Welche Wertstoffe entstehen bei der Veredlung von Trockentoiletteninhalten?
Aus dem aufgefangenen Urin entsteht ein Mehrnährstoff-Flüssigdünger, der alle wichtigen Pflanzennährstoffe in hoher Konzentration enthält. Urin trägt 70–80 % des Stickstoffs (N) und 45–60 % des P, das im Abwasser vorhanden ist, bei. Dieser Flüssigdünger ist mit anderen Mineraldüngern in seiner Wirkung vergleichbar. In der Schweiz und in Lichtenstein gibt es für den urin-basierten Recyclingdünger „Aurin“ bereits eine Zulassung für den Gemüsebau.
Die Fäzes sind aufgrund ihres hohen Gehaltes an P sowie an organischer Substanz Grundbaustein für einen Recyclingkompost, der für den Humusaufbau in ausgelaugten Böden besonders gut einsetzbar ist. Die Qualität von Fäkalkomposten wurde bereits in Pflanzversuchen getestet und ist vergleichbar mit anderen qualitativ hochwertigen Komposten. Der organische Dünger verbessert die Bodenstruktur und Bodeneigenschaften wie Wasserspeicherfähigkeit, Nährstoffspeicherung und Bodenleben, er verringert auch die Erosion.
Was sind die Sicherheits- und Qualitätsmerkmale der Recyclingdünger?
Bevor Flüssigdünger aus Urin auf den Feldern landen, müssen sie gereinigt werden, was bereits Teil des Verwertungsprozesses ist. Es gibt dafür ein sehr sicheres Verfahren mittels Aktivkohle-Filtration.
Da Medikamentenrückstände vom menschlichen Körper zum größten Teil mit dem Urin ausgeschieden werden, können diese Spurenstoffe durch Aktivkohle-Filtration zuverlässig aus dem Urin entfernt werden. Der Flüssigdünger verzeichnet außerdem viel geringere Schwermetallbelastungen gegenüber einigen gängigen Mineraldüngern.
Die Hitzebehandlung der Fäzes (Pasteurisierung min. 1 Woche bei 70°C) als Vorstufe zur Kompostierung inaktiviert zuverlässig Krankheitserreger, die wiederum zum größten Teil mit den Fäzes ausgeschieden werden. Der Humusdünger verzeichnet außerdem eine geringere Medikamentenbelastung gegenüber Wirtschaftsdüngern wie Gülle.
Welche Vorteile bringt die Trockensammlung und Aufbereitung?
- Wasser sparen
- Gewässer vor Nähr-, Spuren- und Schadstoffen schützen
- Bodenschutz und Klimaanpassung durch Humusaufbau
- Energie- und Emissionseinsparung bei der Produktion und beim Recycling von Nährstoffen
- Verbessertes Recycling durch getrennte Erfassung von Stoffströmen
- Kostenreduktion bei der Klärschlammbehandlung für P-Rückgewinnung (AbfKlärV ab 2029)
- Schließung des Nährstoffkreislaufes regional
- Zertifikatshandel für CO2-Fixierung durch Humusaufbau
Mit unserem Vorhaben adressieren wir die folgenden acht UN Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals/SDGs):
- 2 Kein Hunger – Ernährung weltweit sichern
- 6 Ausreichend Wasser in bester Qualität und nachhaltige Sanitärversorgung für alle
- 11 Nachhaltige Städte und Gemeinden
- 12 Nachhaltig produzieren und konsumieren
- 13 Weltweit Maßnahmen zum Klimaschutz umsetzen
- 14 Leben unter Wasser schützen
- 15 Leben an Land schützen
Welche politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für den neuen Wertstoff sind betroffen?
Wir setzen uns dafür ein, aufbereitete und qualitätsgeprüfte Recyclingdünger künftig in Landwirtschaft und Gartenbau einsetzen zu können. Damit neue Reststoffe wie Inhalte aus Trockentoiletten zur Herstellung von Recyclingdüngern verwendet werden können, müssen Regelwerke wie u.a. REACH Richtlinien, die Düngemittelverordnung (DüMV), das Abwasser- und Abfallrecht oder die Klärschlamm-verordnung geprüft und angepasst werden. Sonst sind die Ziele des EU Green Deal aus dem Jahr 2019 sowie der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft von 2020 bis 2050 und der Übergang zu einer kreislauforientierten, klimaneutralen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft nicht zu erreichen.
Im Koalitionsvertrag „Den Fortschritt wagen“ 2021* stützt die vereinbarte „nationale Kreislauf-strategie“ zum einen eine rechtliche Anpassung im Rahmen der Überprüfung abfallrechtlicher Vorgaben. Gefordert werden ein effizienter Umgang mit Ressourcen, Vermeidung von Abfällen und eine Erhöhung der Recyclingquote durch effektive Nährstoffrückgewinnung aus Abfallströmen. Das Ziel, bis 2029 Nährstoffe wie P oder N aus den sanitären Abwässern zurückzugewinnen, wird nicht erreicht wenn die oben genannten Verordnungen nicht angepasst werden.
Was gibt es für ähnliche Projekte in Deutschland, Europa und weltweit?
In Deutschland
- Ökodorf Siebenlinden in Beetzendorf
- Projekt Flintenbreite in Lübeck
- Projekt Allermöhe in Hamburg
Aus Europa
- Coopérative Equilibre – Konsequent ökologische, genossenschaftlich-organisierte Mehrfamilienhäuser mit innovativem Abwasser- und Trockentoilettenkonzept (Schweiz)
- DSyM, Comix, Water Hub, Solothurn (Schweiz)
- Rewaise Sweden Project (Urin Recycling) (Schweden)
- Ecodomeo – Hersteller und Anbieter von Trockentoiletten (Frankreich)
- FosVaatje – Urinrecycling der Wasserbehörde Amstel, Gooi und Vecht. Produktion eines pulvrigen Feststoffdüngers aus Urin (Niederlande)
International
- Sanergy (Kenia), Susis (Kenia), GRASP (Nepal), 4S (Nepal & Indien), CWIS (Indien), Radec (Südafrika, Indien), Autarky (Südafrika), Barriers (USA), SuSanA
Was erhoffen wir uns nach Abschluss des Projektes? Wie soll es danach weitergehen?
Wir hoffen, dass wir bundesweit den Aufbau von Trockentoilettensystemen erleben werden. Zunächst in kleinen Schritten, auf Festivals, in Gartenanlagen oder in Tourismusgebieten. Aber mittel- und langfristig werden sich wohl auch neue Wohnsiedlungen, Hotels oder ganze Stadtviertel neu orientieren. Erste Beispiele gibt es bereits. Wichtig ist sich auf eine nachhaltige Logistikkette eines Nährstoffkreislaufsystems mit dem Ziel einer Düngemittelherstellung einzustellen.
Was ist REGION.innovativ?
REGION.innovativ ist das Förderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, in dessen Rahmen zirkulierBAR gefördert wird. REGION.innovativ unterstützt Regionen dabei, sich neuen Forschungs- und Innovationsthemen zu widmen und die dafür notwendige Zusammenarbeit mit neuen Partnern zu etablieren. In mehreren Förderrunden wird jeweils ein Thema fokussiert, das besonders für strukturschwache Regionen wichtig ist. Während die erste Förderrunde die innovative Gestaltung von Arbeitswelten der Zukunft adressierte, zielt die aktuelle Förderrunde auf die Kreislaufführung von Stoffen, Materialien und Produkten ab.